Aufbrechen/ Interbeing


Hester Pommerening
@hezmia
puravida-festival.com

Das Konzept des Interbeing wurde vom vietnamesischen Zenbuddhisten Thich Nhat Hanh maßgeblich geprägt. Das Projekt, für das ich mich engagiere, das Pura Vida Festival Retreat, basiert auf genau der Annahme, dass persönliches Wohlergehen mit einer liebevollen Gemeinschaft und einem gesunden Planeten verbunden ist.
Wir wollen ein Experimentierraum für eine soziale Transformation sein, die uns durch Wege alter Weisheiten und moderner Wissenschaft in neue Beziehungen zu uns selbst, anderen und unserer Umwelt treten lässt und Heilung und Regeneration auf all diesen Ebenen anstößt. Den Text habe ich gefühlt und einfach so geschrieben.



Und ohne Absicht und ohne, dass wir es bemerkt hätten, sind wir der Welt fremd geworden, also: uns selbst fremd. Wir sind aus dem Kreis herausgetreten und haben uns dieGeschichte einer Treppe ausgedacht, auf der wir meinen, endlos aufwärts und uns selbstentsteigen zu können. Wir haben mit den Bedrohungen auch den Zauber aus allem Lebenum uns gezogen, indem wir so taten, als wäre er nicht da. Wir haben das Geflecht, in demdiese Erde atmet, in einzelne Teile und Zahlen übersetzt und uns in der Kontrolleeingerichtet, als wäre sie keine Illusion. Wir haben uns wie Geister abgespalten und in uns Trennlinien gemalt, Mauern gebaut und Dachböden und Keller entworfen, um Teile unsererSelbst dort einzuschließen und klein zu machen. Und da, wo das doch schmerzte, haben wiruns einen Putz aus Zynismus gerührt und in der Kälte dessen, was wir uns uns selbst antunließen, wurde er hart und nahezu hoffnungslos unzerstörbar.

Nahezu.

Ich möchte dies gern glauben - dass alles, was wir zerbrechen, letztlich auch uns aufbrichtund wir in der größten Verwundbarkeit die Wunden, die wir schaffen, als unsere eigenenerkennen. Und statt mit einander und der Natur und den Wesen um uns herum lediglichendlich in ein respektvolles Nebeneinander zu treten, geht es vielleicht schon immervielmehr darum: Realisieren, dass wir nie getrennt waren. Bewusst werden, dass nichtsunabhängig und unbedingt voneinander existieren kann. In einem einzigen Atemzug dieMoleküle aller Tiere und Pflanzen, die waren und sein werden, unserer eigenen Ahnen undunserer Kindeskinder wissen, und in unserem Tun die Ursprünge ebenso wie die Folgensehen. Uns uns selbst wieder vertraut machen.

Und gleichzeitig kommen wir zu uns. Wir schmelzen die Fassaden und öffnen die Türen, wir lassen das verdrängte Selbst nicht nur zu, sondern fragen es um Hilfe. Wir lassen alles, wa sim Innen und im Außen vermeintlich widersprüchlich lebt, in ganz ursprünglicher Verwobenheit sein, wir fühlen und trauern und geben frei und bewahren, wir denken unsschönere Welten und Zukünfte aus, legen Samen in Asche, und versuchen zu schützen,was wir bekämpfen und zu heilen, was wir zerstören - nicht, weil es uns nützt, sondern weil wir erblühen mit dem Erblühen aller Knotenpunkte des gigantischen Netzwerks, das uns als Individuen ausmacht, die wir sowohl sind als auch nicht.

Vielleicht nehmen wir unseren Platz im Kreis wieder ein und erzählen uns mit flüsternder Stimme bei Feuerschein genau diese Geschichte. Menschen sind sehr gut darin, ihre Mythen so fest zu glauben, dass sie wahr werden. Ich habe gehört, diese nennt man "Interbeing". Probieren wir das?