minhazine n°2 - co:exist







“Life on earth is more like a verb. It repairs, maintains, recreates, and outdoes itself” Lynn Margulis



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Koexistenz
– das gleichzeitige Vorhandensein, das nebeneinander Bestehen, miteinander Dasein – ermöglicht das gemeinsame Denken und Handeln in vielfältiger Unterschiedlichkeit. Als Teil von, sowie Voraussetzung für Kooperation, Kollaboration, Kokreation, Symbiosen, Synergien und kollektive Strategien sind wir in demokratischen Aushandlungsprozessen auf sie angewiesen. In der Bestandsaufnahme unseres Normalzustandes wird jedoch deutlich: sie ist beschränkt, umkämpft, verdrängt.
       
Auf verengten Bahnen kapitalistischer Konkurrenzsysteme und ihrer vermeintlichen Sachzwänge vereinzeln wir uns – sowohl in der Architektur unserer physischen wie auch mentalen Infrastruktur. Wir werden ausgebildet für das eigene (Über-)leben zu sorgen, globale Ausbeutungsverhältnisse zu akzeptieren, zu normalisieren und reproduzieren – der Gestaltungsdruck der eigenen Lebensführung bekommt eine Schaufel, um demokratische und sozialistische Werte unter neoliberalen Bedingungen zu begraben.
       
Gesellschaft – mehr als die Summe vereinzelter Individuen – besteht aus einem Miteinander und Durcheinander verschiedener Wahrheiten. Zu leben bedeutet, mit anderen Wahrheiten zu interagieren. Es bedeutet, sich in ihrer radikalen Vielfalt zu orientieren, sie zu konstruieren und immer wieder zu provozieren; in ihren Zwischenräumen nach Brüchen und Widersprüchen zu suchen, um in ihrer kreativen Aushandlung Neues entstehen zu lassen. Die Perspektive von Koexistenz kann Verhältnisse aufdecken, die sich aus dem Netz von Bedingungen, Bedingtheiten, Bezügen und Abhängigkeiten, Verbindungen und Verbündungen ergeben - Relationen, die Gesellschaft konstruieren. Sie versucht vielsprachige Geschichten (zwischen)menschlicher, nicht-menschlicher, mehr-als-menschlicher Beziehungen einzufangen, Autonomie und Abhängigkeit in ihrer Gleichzeitigkeit abzubilden und Unterschiedlichkeit nicht als Hindernis, sondern als Stärke zu übersetzen. Koexistenz ist Bedingung unseres Daseins. Unser Handlungsspielraum ist die Art und Weise wie wir unsere Beziehungen in der Welt gestalten.
       
Von vergangen Revolutionen zu aktuellen Kämpfen der Klimagerechtigkeitsbewegung, der antirassistischen Mobilisierung gegen Polizeigewalt oder feministischen Kämpfen gegen das Meer an struktureller Gewalt und Unterdrückung –  in transformativen Momenten der Geschichte und Gegenwart wurden und werden die Beziehungen angerufen, in die sich Menschen zueinander setzen. Die Erkenntnis, dass diese Verhältnisse gestaltbar sind, resultiert in einer moralischen Verpflichtung: die eigene Freiheit ist immer eine geteilte.
       
Damit sollte eine unserer zentralen Aufgaben sein, nach Praktiken zu suchen, die solidarische Formen des Miteinanders entwickeln, ausprobieren, üben und kultivieren. Ausgehend von Gesellschaft als Kooperation, Relationalität, Aushandlung, Symbiose und Verbündung, ist das Erlernen kollektiver Praktiken unsere wichtigste Herausforderung. Dieses Magazin will dazu anstiften – zum Beitragen, Ertragen, Austragen und Vertragen von Unterschiedlichkeit. Zum kollaborativen Austausch und der Aneignung dessen, was es dafür braucht.

Co:exist ist Appell sowie Anklage, Versuch sowie Untersuchung, Suche sowie Annäherung, Prozess sowie Sammlung, Privileg sowie Notwendigkeit, Mittel sowie Ziel.